Deutscher Orden und Bauernkrieg

Vom 10. Juli bis 13. Juli 2024 richtete die Forschungsstelle Deutscher Orden erneut eine Tagung aus, welche sogleich zwei Anlässe aufgriff. Zum einen kann die Forschungsstelle auf ihr zehnjähriges Bestehen zurückblicken, da diese im Juli 2014 offiziell eingeweiht wurde. Aber auch das Gedenkjahr 2025, in welchem sich der „Bauernkrieg“ zum 500. Mal jährt, stand Pate für die thematische Ausrichtung. Auf Grund der hohen Teilnehmerzahl war es den Organisatoren der Tagung allerdings nicht möglich, diese wie gewohnt in den Räumlichkeiten der Forschungsstelle Deutscher Orden auszurichten, stattdessen stellte die Kongregation der Schwestern des Erlösers den in ihren Klostermauern beheimateten Honorine-Saal als Tagungsort zur Verfügung, wofür wir uns aufs herzlichste bedanken möchten.

Die Tagung selbst begann mit einem Empfang im historischen Wenzelsaal des Rathauses der Stadt Würzburg durch Oberbürgermeister Christian Schuchardt. Neben dem Leiter der Forschungsstelle Deutscher Orden, Cfr. Professor Dr. Dr. h. c. Helmut Flachenecker, konnten zahlreiche Ehrengäste begrüßt werden, allen voran Generalabt Frank Bayard, Hochmeister des Deutschen Ordens, Thomas Jünger, Balleimeister der Ballei Deutschland und Deutschherrenmeister, dessen Stellvertreter Simon Kuttenkeuler, Professor Dr. Dr. h. c. Dieter Salch, Ehrenritter des Deutschen Ordens und Ehrensenator der Universität Würzburg, Professor Dr. Dr. h.c. mult. Udo Arnold, Ehrenritter des Deutschen Ordens und Doyen der Deutschordensforschung, Cfr. Paul Lehrieder MdB, Professor Dr. Renger de Bruin (Vertreter der Ballei Utrecht), Professor Dr. Janusz Trupinda (Muzeum Zamkowe w Malborku) sowie weitere Tagungsteilnehmer. In seinem Grußwort betonte Christian Schuchardt vor allem die Aufgabe der Forschungsstelle Deutscher Orden, welche in der Erforschung und Thematisierung der Geschichte des Ordens in seiner gesamten zeitlichen wie auch geographischen Ausbreitung besteht. Es gilt also nicht nur die regionalen Wurzeln des Ordens zu erforschen, die beispielsweise durch dessen Kommenden in Würzburg und Mergentheim, wovon Letztere von 1525 bis 1809 als Hauptsitz und Residenz des Hoch- und Deutschmeisters diente, einen besonders engen räumlichen Bezug zur an der Universität Würzburg ansässigen Forschungsstelle aufweisen. Vor allem der Blick in andere Regionen, in welchen der Orden ansässig war oder auch immer noch ist wie auch die Miteinbeziehung aller Epochen der Ordensgeschichte bis in die Gegenwart hinein ermöglichen es, das Gesamtbild der Ordensgeschichte Stück für Stück zu komplettieren. Im Anschluss an das Grußwort lud der Oberbürgermeister alle Anwesenden zu einem gemeinsamen Umtrunk, sodass bei einem guten Glas Wein und vielen Gesprächen die Atmosphäre des Wenzelsaals ausgiebig genossen werden konnte. An dieser Stelle sei Herrn Oberbürgermeister Christian Schuchardt für seine großzügige Gastfreundschaft nochmals herzlich gedankt.

Der darauffolgende Tag begann um 8:45 Uhr für alle Tagungsteilnehmer recht früh mit einem einleitenden Grußwort von Herrn Professor Dr. Dr. h. c. Helmut Flachenecker wie auch einer Begrüßung durch Sr. Monika Edinger, Generaloberin der Erlöserschwestern und damit Gastgeberin der Tagung. Den thematischen Einstieg unternahm im Anschluss daran Herr Professor Dr. Heinz Noflatscher, der sich die Frage stellte, in welcher Beziehung die Ballei an der Etsch, deren dort ansässige jüdische Bevölkerung und der Bauernkrieg zueinanderstanden. Dabei gelang es ihm aufzuzeigen, dass eben nicht nur der Deutsche Orden als einer der Repräsentanten der Obrigkeit dem Unmut des „Gemeinen Mannes“ ausgesetzt war, wobei besonders die Ordensniederlassungen Weggenstein und Bozen in den Fokus gerückt wurden. Auch gesellschaftliche Randgruppen, zu denen die jüdische Bevölkerung zu zählen ist, waren unterschiedlichsten Restriktionen unterworfen. Im Gegensatz hierzu stand der darauffolgende Vortrag von Herrn Professor Dr. Dr. h. c. Helmut Flachenecker ganz im Zeichen der Ballei Franken des Deutschen Ordens. Die verschiedenen Ordensniederlassungen jener Ballei waren unterschiedlich stark von Belagerung, Plünderung und Brandschatzung betroffen, am schwersten traf es jedoch Burg Horneck, damals Sitz des Deutschmeisters. Ziel der Bauern war nicht nur die Zerstörung der Burg als Symbol der Herrschaft, sondern vor allem auch das auf der Horneck untergebrachte Ordensarchiv. Dort lagerten neben zahlreichen Urkunden und anderen wichtigen Dokumenten vor allem Urbare, welche den Besitzstand des Ordens in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht dokumentierten. Mittels deren beabsichtigten Zerstörung wäre es seitens des Ordens nur schwer möglich gewesen, auch in Zukunft die von den Bauern zu leistenden Abgaben und Zahlungen einzufordern. Gleichfalls zur Ballei Franken gehörte die Kommende Heilbronn, welcher sich Frau Professor Dr. Maria Magdalena Rückert in einem dritten Vortrag widmete. Diese fiel im April 1525 dem plündernden Odenwälder Haufen, welcher einen Teil der Aufständischen bildete, zum Opfer. Die Bedeutung der Ordensniederlassung blieb jedoch zunächst bestehen, auch als die Stadt Heilbronn wenige Jahre später, 1531, sich der Lehre Luthers gegenüber aufgeschlossen zeigte. Aus organisatorischen Gründen wurde nach diesem Beitrag das eigentliche Tagungsthema auf den Folgetag verschoben, stattdessen kamen zwei junge Nachwuchswissenschaftlerinnen zum Zug, die im Bereich der Neueren Forschungen zum Deutschen Orden ihre jeweiligen Themen präsentieren durften. Dabei stellte Anna Beigel ihre Zulassungsarbeit vor, welche sich mit den Portraits von Ordenspriestern aus dem 18. Jahrhundert auseinandersetzt, während sich das Dissertationsthema von Michelle Friedlein um die Hochmeisterportraits des Deutschen Ordens in Mergentheim als ein Spiegel einer frühneuzeitlichen Herrschaft dreht. Beide Arbeiten zeigen einen interdisziplinären Ansatz, da neben dem Historischen auch die Kunstgeschichte miteingebunden werden muss. In den Pausen konnten die Tagungsgäste erstmals die jüngste Wanderausstellung der Forschungsstelle ansehen, die sich inhaltlich mit dem Tagungsthema befasste und die in den kommenden Monaten an verschiedenen Orten ausgestellt wird. Damit war die erste Hälfte des Tages erfolgreich bestritten worden.

Am Nachmittag des 11. Juli 2024 lud die Forschungsstelle Deutscher Orden in den Toscana-Saal der Residenz zu Würzburg, um dort in angemessenem Rahmen den Festakt zu „10 Jahre Forschungsstelle Deutscher Orden“ begehen zu können. Anlass hierfür bot der „Geburtstag“ der Forschungsstelle Deutscher Orden, welche fast auf den Tag genau zehn Jahre zuvor am 3. Juli 2014 eingeweiht worden war. Dass dies überhaupt möglich war, ist der Initiative und dem unermüdlichen Einsatz von Herrn Professor Dr. Dr. h. c. Dieter Salch, Ehrenritter des Deutschen Ordens und Ehrensenator der Universität Würzburg zu verdanken. Ihm gelang es, den damaligen Präsidenten der JMU, Herrn Professor Dr. Dr. h. c. mult. Alfred Forchel davon zu überzeugen, die Einrichtung einer solchen Forschungsstelle auf dem ehemaligen Gelände der Leighton-Barracks zu unterstützen. Damit ist der Deutsche Orden der einzige Orden, der über eine eigene, an einer Universität angebundene Forschungseinrichtung verfügt. Ziel der Forschungsstelle ist es seitdem, die national wie international weit verzweigte Forschungstradition über Würzburg als zentrale Anlaufstelle zu vernetzen. Daneben gehört es ebenfalls zu deren Aufgaben, sich einer vergleichenden europäischen Regionalgeschichte mit deren vielfältigen politischen, religiösen und kulturellen Bezügen zu widmen. Die Forschung soll dabei epochenübergreifend von der Gründung des Deutschen Ordens 1190 bis in die Gegenwart hinein die oben angesprochenen Bereiche behandeln.

Am Beginn des Festaktes, der durch das Klaviertrio Würzburg musikalisch umrahmt wurde, standen zunächst Grußworte Seiner Magnifizenz Professor Dr. Paul Pauli, Präsident der Julius-Maximilians-Universität Würzburg, Seiner Exzellenz Paul Reder, Weihbischof von Würzburg, Seiner Exzellenz Generalabt Frank Bayard, Hochmeisters des Deutschen Ordens und von Herrn Professor Dr. Dr. h. c. Dieter Salch, welche zum einen die von den Mitarbeitern der Forschungsstelle in der Vergangenheit geleistete Arbeit würdigten, zugleich aber auch auf die Zukunft und die damit anstehenden Aufgaben verwiesen. Im Anschluss daran referierte Herr Professor Dr. Dr. h. c. mult. Udo Arnold in seinem Festvortrag über die Rolle der Forschungsstelle in der zugehörigen Forschungslandschaft Deutscher Orden. Dabei konnte er mit Blick auf die historische Ordensforschung feststellen, dass die Forschungsstelle eine bis zu deren Gründung klaffende Lücke im Bereich der Deutschordensforschung erfolgreich schließen konnte und daher auch der dauerhafte Fortbestand dieser Einrichtung nicht nur wünschenswert, sondern sogar geboten ist. Abgerundet wurde der Festakt zunächst durch einen Sektempfang wie auch eine musikalische Kostprobe der Deutschorden-Compagnie im Hofgarten der Residenz zu Würzburg, bevor es zu einer Weinprobe in den Staatlichen Hofkeller der Residenz ging, womit der Festakt einen mehr als würdigen Abschluss fand. An dieser Stelle sei Herrn Professor Dr. Dr. h. c. Dieter Salch nachdrücklich gedankt, der großzügigerweise die Finanzierung dieses Abends vollständig übernahm.

Der zweite Tagungstag begann mit 9:30 Uhr etwas später als der Vortag, zunächst referierte Herr Professor Dr. Jürgen Sarnowsky zum deutschen Priorat der Johanniter im Kontext des Bauernkrieges. Dabei zeigte sich, dass auch die Besitzungen des Johanniterordens im süddeutschen Raum unter den Aufständen litten, wenngleich auf Grund der im Vergleich zum Deutschen Orden eingeschränkten Verbreitung der Johanniter die Schäden ein anderes Ausmaß angenommen hatten. Dass die Unruhen und Aufstände über die bisher gesprochen und diskutiert wurde kein Phänomen darstellten, welches sich lediglich innerhalb der Reichsgrenzen abspielte, konnte Herr Professor Dr. Roman Czaja in seinem Beitrag über Bauernaufstände im Ordensland Preußen bis zum Jahr 1525 aufzeigen. Die Situation im ostmitteleuropäischen Raum wurde mittels der Darstellung von Herrn Professor Dr. Leszek Zygner über die Lage der Bauern Masowiens an der Grenze zum Ordensstaat in der Phase vor dem Bauernkrieg komplettiert, so dass ein erster Eindruck über die Gegebenheiten „vor Ort“ erfolgreich vermittelt werden konnte. Nach einer kurzen Mittagspause wurde der Vortragsreigen weiter fortgesetzt, wobei zunächst nochmals zwei Beiträge im Bereich der Neueren Forschungen zur Ordensgeschichte folgten. Dabei stellte Herr Professor Dr. Christofer Herrmann sein aktuelles Handbuch über Deutschordens- und Bischofsburgen in Livland vor, welches eine beeindruckende Zahl an Burgen bzw. deren Überreste anschaulich dokumentiert. Im Anschluss konnte Herr Thomas Geidner, Doktorand bei Herrn Professor Dr. Dr. h. c. Helmut Flachenecker, sein Forschungsprojekt über das Stiftungswesen in der Deutschordensstadt Eschenbach präsentieren. Dabei gelang es ihm aufzeigen, dass es eine beträchtliche Zahl unterschiedlichster Stiftungen gab, womit vor allem der sozial-karitative Charakter innerhalb Eschenbachs betont wurde. Geidners Forschungsarbeit hat das Potenzial, als Mustervorlage für die Erforschung des Stiftungswesens in anderen Ordensstädten bzw. grundsätzlich im Herrschaftsraum des Deutschen Ordens zu dienen. Den Abschluss einer langen Vortragsreihe bildete der Beitrag Herrn Dr. Thomas T. Müllers, der über die Situation des Ordens zur Zeit des Bauernkrieges in Thüringen vortrug. Ähnlich wie in den anderen vorgestellten Regionen war der Orden auch hier von den Unruhen stark betroffen, als Beispiel sei die Ordensniederlassung in Mühlhausen genannt. Nach einer abschließenden Zusammenfassung der vergangenen Tage durch den Leiter der Forschungsstelle Deutscher Orden, welche die gewonnenen Erkenntnisse nochmals kurz aufzeigte und zugleich auf die noch zu leistende Forschungsarbeit in jenem Bereich verwies, konnte die Tagung erfolgreich beschlossen werden. Für all diejenigen, die noch bis Samstag in Würzburg verweilten, wurde am Vormittag in Randersacker ein gemeinsamer Gottesdienst organisiert, dessen Zelebration Generalabt Frank Bayard, Hochmeister des Deutschen Ordens, übernahm, während Bischof em. Dr. Friedhelm Hofmann konzelebrierte.

Zum Abschluss möchte die Forschungsstelle Deutscher Orden nochmals an folgende Personen bzw. Institutionen ein herzliches Dankeschön aussprechen: Allen Geldgebern, die seit der Gründung der Forschungsstelle mittels einer tatkräftigen finanziellen Unterstützung die Arbeit der Forschungsstelle Deutscher Orden ermöglichen. Dazu gehören der Deutschherrenbund, Herr Professor Dr. Dr. h. c. Dieter Salch, Ehrenritter des Deutschen Ordens und Ehrensenator der Universität Würzburg, das Hochmeisteramt, das Haus des Deutschen Ostens, die Forschungsstiftung Bayerische Geschichte, die Brüderprovinz Südtirol des Deutschen Ordens, die RDO Balije van Utrecht, die Wissenschaftliche Vereinigung für den Deutschen Orden. Den Kooperationspartnern der Forschungsstelle für die bisher sehr fruchtbare Zusammenarbeit, die es beispielsweise ermöglicht, einen erleichterten Zugriff auf Archivmaterial zu erhalten oder die erarbeiteten Ausstellungen an verschiedenen Orten zu präsentieren. Eine aktuelle Aufstellung finden Sie unter https://www.uni-wuerzburg.de/forschung/deutscher-orden/ueber-uns/kooperationen/, Frau Rita Kemmer und Frau Elke Kuttenkeuler, die mittels eines hervorragenden Caterings die Tagung kulinarisch bestens versorgten! Allen Hilfskräften und Mitarbeitern der Forschungsstelle Deutscher Orden, ohne deren Einsatz die erfolgreiche Durchführung der Tagungen nur schwer möglich gewesen wäre.

Ad multos annos!

Dr. Katharina Kemmer FamOT

Forschungsstelle Deutscher Orden