„Auch der Orden der Deutschherren hatte schon früher in Fritzlar Fuß gefasst. Schon i. J. 1219 werden zwei Deutschordensbrüder Heinrich und Eckard zu Reichenbach genannt, denen ein Fritzlarer Bürger Rudolf Huberich ein Haus verpfändet.“ So beginnt eine alte Chronik und bestätigt die Existenz des Deutschen Ordens in Fritzlar seit 800 Jahren. Die Komturei „An Rhein und Main“ nahm das Jubiläumsjahr zum Anlass, auf den Deutschen Orden in Nordhessen, einer katholischen Diaspora, und in der geschichtlich bedeutsamen Dom- und Kaiserstadt aufmerksam zu machen.

Gilt Fritzlar doch als der Ort, an dem sowohl die Christianisierung Mittel- und Norddeutschlands (mit dem Fällen der Donareiche durch Bonifatius) als auch das mittelalterliche Deutsche Reich (mit der Wahl von Heinrich I. zum König der Deutschen auf dem Reichstag von 919) ihren Anfang nahmen. Auf diesem für Reich und Kirche so bedeutsamen Boden hatte auch der Deutsche Orden Spuren gelegt.

Den Jubiläumsfeierlichkeiten am 20. Oktober 2019 gingen zwei begleitende Vorträge im romanischen Stiftssaal des Doms voraus, um den Deutschen Orden unter verschiedenen Aspekten zu beleuchten. Am 11. September warf Professor DDr. Jörg Bölling aus Hildesheim im Vortrag „Der Deutsche Orden im Kontext seiner Zeit“ einen Blick auf die Rezeption des Deutschen Ordens in den jeweiligen Jahrhunderten und stellte dabei die wichtigsten Stationen der Ordensgeschichte dar – von der Gründung vor Akkon zur Zeit der Kreuzzüge als Feldhospital und als Ritterorden hin bei ununterbrochener Fortexistenz bis heute als jetzt geistlichem Orden. Und am 25. September machte Pastor Dr. Jürgen Kämpf aus Schleid in der Rhön das Lokalkolorit mit „Der Deutsche Orden in Fritzlar“ zum Gegenstand. Einmal 50 und dann 110 Zuhörer konnte der Komtur begrüßen.

Unter großer Beteiligung der Bevölkerung leitete am frühen Vormittag des 20. Oktober eine Prozession durch die Fritzlarer Altstadt und eine Statio vor dem ehemaligen Deutschordenshaus samt Kapelle und Bedürftigenwohnungen den Festtag ein. Das feierliche Pontifikalamt in der Päpstlichen Basilika St. Peter, einer romanischen Kloster- und Stiftskirche, zelebrierte Seine Exzellenz, der Hochwürdigste Herr Hochmeister, Generalabt Frank Bayard OT. Den Bischof von Fulda vertrat als Konzelebrant Domkapitular Monsignore Prof. DDr. Bernd Willmes. Für eine beeindruckende musikalische Gestaltung sorgten der Domorganist  und der Domchor sowie der Katholische Bläserchor mit der Missa brevis in B-Dur von Christopher Tambling. In seiner Predigt zum Tagesevangelium nahm sich der Hochmeister der dort aufgeworfenen Frage „Wird jedoch der Menschensohn, wenn er kommt, den Glauben auf der Erde finden?“ an. Er definierte den Glauben als Geschenk der Gnade und der Freiheit. Der Glaube verleihe Flügel, die Bereitschaft, Offenheit, Beharrlichkeit, sich im Gebet Gott zu nähern und an seinem Reich mitzubauen. Der Glaube trage Früchte im täglichen Leben, da dieses im tiefsten Inneren auf Gott ausgerichtet sei.

Dem Pontifikalamt folgte ein Empfang der Stadt Fritzlar im Historischen Rathaussaal, dem ältesten Amts- und Rathaus Deutschlands. Nach der Würdigung des Deutschen Ordens durch das Stadtoberhaupt, Bürgermeister Hartmut Spogat, widmete sich der Hochmeister in seinem Festvortrag „Geistliche Wurzeln und heutiger Auftrag. Zum spezifischen Charisma des Deutschen Ordens“ dem Ursprungsmotto „Helfen und Heilen“. Der Vortrag geriet zu einem Glaubensbekenntnis mit dichten, das Innerste berührenden Momenten, wie man nicht viele in einem Leben erfährt. Viele Zuhörer waren am Ende im allerwahrsten Sinne des Wortes zu Tränen gerührt. Der göttlichen Fügung sei gedankt und Seiner Exzellenz ein Vergelts Gott. Unser Charisma lebt!

Nach dem Eintrag in das Goldene Buch der Stadt Fritzlar stießen alle bei einem gemeinsamen Mittagessen auf die gelungenen Stunden an.

Thomas Jünger FamOT
Komtur