„Lassen wir uns hineinnehmen in die Gebetskette derer, die zur Trösterin der Betrübten nach Kevelaer gepilgert sind, lassen wir uns trösten von der Liebe Gottes und der mütterlichen Nähe Marias und werden wir selbst zu Botschaftern der Liebe und des Trostes.“ So schloss Hochmeister Frank seine Predigt in der Wallfahrtsbasilika St. Marien am letzten Samstag im Marienmonat Mai.

Fünfzig Gäste – Consorores, Confratres und Angehörige – waren aus deutschen Komtureien und von der Selbständigen Komturei „Alden Biesen“ zur Balleiwallfahrt an den Niederrhein nach Kevelar zur Gottesmutter Maria Consolatrix Afflictorum (Trösterin der Betrübten) von Luxemburg gekommen, um unsere Ordenspatronin zu ehren und ihre Fürsprache zu erbitten, auch als einen Beitrag zur Ordensspiritualität.

Ziel der Wallfahrt war ein Bild der Gottesmutter Maria, an dem der Pilger Gnade erbitten kann, die „Consolatrix Afflictorum“ von Luxemburg, die „Trösterin der Betrübten“. Das Bild in Kevelaer ist ein Kupferstich der Größe 7,5 mal 11 cm als Abbild eines Bildnisses aus Luxemburg, das dort seit 1625 verehrt wird. Von dort kamen im Dreißigjährigen Krieg zwei Soldaten nach Geldern, einem Nachbarort Kevelaers, und verkauften das Bildchen an die Frau des Handelsreisenden Hendrick Busmann. Diese sah das Bild später lichtumstrahlt bei einer nächtlichen Erscheinung in einem Heiligenhäuschen. Auch ihren Nachbarn war in der Nacht ein übernatürlich helles Licht im Hause Busmann aufgefallen. Parallel dazu hatte Hendrick Busmann einige Monate vor Weihnachten 1641 beim Beten an einem Hagelkreuz in der Kevelaerer Heide wiederholt eine Stimme vernommen: „Op deze plaats sult gij mij een kapelleken bouwen!“ Alsbald kam er diesem Wunsch nach und erbaute einen Bildstock in der Form, die seine Frau in der Erscheinung gesehen hatte. Am 1. Juni 1642 wurde dann das Gnadenbild vom zuständigen Pfarrer feierlich in das Heiligenhäuschen eingesetzt. Schon bald nahmen die Wallfahrten ihren Anfang und der Strom der Pilger riss bis heute nicht ab. Kevelaer gilt heute als einer der größten christlichen Wallfahrtsorte in Europa. Die vielen großen Prozessionen bestätigen immer wieder den Wallfahrtsort Kevelaer in seiner herausragenden Bedeutung für die katholischen Gläubigen. Der heilige Papst Johannes Paul II. ehrte das Gnadenbild und die Wallfahrt Kevelaer im Jahr 1987 durch seinen hohen Besuch.

Die Consorores und Confratres trafen sich zunächst im Wohnstift St. Marien, um dieses Altenheim und das benachbarte St. Elisabeth-Stift, beide Deutschordenswerke, kennenzulernen. Nach einem Begrüßungskaffee konnten die Stiftsdirektorinnen Christiane Hüls und Silvia Albat das individuelle Profil beider Einrichtungen vorstellen. Dem christlichen Menschenbild folgend stehen eine ganzheitliche Betreuung und fachlich-kompetente, aber zugewandte Pflege in liebevoller Atmosphäre im Vordergrund.

Im Anschluss ging es gemeinsam zur von P. Jörg Weinbach als Offiziant geleiteten Statio in die Maria-Königin-Kapelle des St. Elisabeth-Stiftes, von wo aus danach die feierliche Prozession durch die Innenstadt von Kevelaer zur Marienbasilika zog.

Das Pontifikalamt in der Wallfahrtsbasilika zelebrierte Hochmeister Frank. Cfr. Diakon Guido Hagedorn war mit dreizehn Ministranten angereist, die dem Gottesdienst wie auch die wundervolle Orgelmusik, die Marienbasilika in Kevelaer verfügt über eine Orgelanlage, die mit 134 Registern die größte romantische Orgel Deutschland darstellt, einen würdigen Rahmen gaben. In seiner Predigt reflektierte der Hochmeister drei Aspekte – Wallfahrt, Maria und Trost. Wallfahren und Pilgern ist keine Weltflucht, kein „ich bin dann mal weg“. Es bringt uns nicht weg von der Welt, sondern mitten hinein, weil der Pilgernde in der realen Welt unterwegs ist. Pilger zu sein heißt nicht zuletzt, sich auf die Suche nach Gott zu machen, mit ihm gehen zu wollen, manchmal auch für ihn. Aber wer bei Gott eintaucht, taucht beim Menschen wieder auf und das macht Pilgerschaft neben der körperlichen auch zu einer persönlich-emotionalen Herausforderung. Wir tauchen nicht bei einem gesichtslosen anonymen Menschen auf, sondern beim konkreten Gegenüber, in dem Christus aufscheint, einem Gegenüber in all seiner Würde und Angewiesensein vor Gott. Und Maria ist mit uns auf dem Weg, stets auf den Sohn verweisend. Ihr prägender Satz „was er Euch sagt“ hat bis heute nichts an Gültigkeit verloren. Wir dürfen uns nicht nur in Gottes Liebe geborgen wissen, sondern auch im Herzen Mariens. Kinder haben ein kindliches Urvertrauen in die tröstenden Kräfte der Mutter. Solch ein Vertrauen dürfen wir in Marias Fürsprache und Beistand haben, der Schutzfrau des Ordens von allem Anfang an. Das Gnadenbild von Kevelaer zeigt Maria nicht unter dem Kreuz, sondern als Königin im spanischen Hofkleid, bekrönt und mit dem Kind auf dem Arm, den Schmerz und das Leid des Kreuzes bereits überwunden habend und die Herrlichkeit des Himmels ausstrahlend. Das Gnadenbild in Kevelaer ist klein und recht unscheinbar – ein kleines Gnadenbild mit großer Wirkung. Für Gott gibt es eben nichts Unbedeutendes. Was für das kleine Bild gilt, gilt erst recht für uns: Jeder ist wichtig und jeder hat einen Platz in Gottes Plan und jeder setzt ein Mosaiksteinchen am Reiche Gottes, dass nur er setzen kann. Der wunderbare Text aus dem zweiten Brief an die Gemeinde in Korinth führt uns hin zur Thematik des Trostes. Paulus beschreibt Gott als „Vater des Erbarmens und Gott allen Trostes“. Dieser Ausdruck hebt hervor, dass Trost nicht nur eine Handlung Gottes ist, sondern ein wesentlicher Teil seines Wesens. Trost ist in seinem Erbarmen verwurzelt, in seiner tiefen, mitfühlenden Liebe zu uns. Wenn wir den Trost des Himmels empfangen, erfahren wir etwas von Gottes Wesen und seiner Liebe. Gottes tröstende Nähe ist Gnade, unverdient, nicht machbar, nicht käuflich. Die Predigt endete dann mit den Eingangszeilen dieses Berichts.

Nach dem Mittagessen folgte ein Vortrag über Kevelaer und die Geschichte der Wallfahrt, bei dem der langjährige Wallfahrtsrektor, Domkapitular und Ehrenbürger Kevelaers, unser Confrater Richard Schulte Staade nicht zu kurz kam.

Beschlossen wurde der Tag mit einer Andacht auf dem Kapellenplatz an der Gnadenkapelle, auch mit den Grüssauer Marienrufen. Beim Segen und Schlusslied, dem „Ultima“, setzte kräftiger Regen ein, der nach einem gelungenen Tag aber niemanden mehr störte.

Thomas Jünger FamOT

Balleimeister • Deutschherrenmeister